An jedem Ende eines politischen Jahres steht die Haushaltseinbringung, – verabschiedung und letztlich die Haushaltsreden der einzelnen Parteien.
Was uns besonders wichtig war dieses Jahr kannst Du hier nachlesen:
Sehr geehrte Bürgermeisterin,
sehr geehrte Damen und Herren des Rates,
liebe Mitbürger:innen,
auch unsere Fraktion möchte zunächst auf ein weiteres Corona-Jahr zurückblicken. Ochtrup blieb auch im Jahr 2021, wie sehr viele Kommunen im Münsterland, von den schlimmsten gesundheitlichen Auswirkungen der Pandemie verschont. Die Zahl der Infizierten ist überschaubar, die Zahl der Toten zum Glück ebenso.
Das ist uns auch dadurch gelungen, dass die Bürger:innen dieser Stadt sich so diszipliniert an die Maßnahmen halten. Münsterländer:innen gehen eben nicht nur zum Lachen in den Keller, sondern tragen auch FFP2-Maske dabei.
Zusätzlich wurde auch durch die Verwaltung selbst, eine Menge unternommen um diese schreckliche Krankheit, die nun seit fast zwei Jahren wütet, einzudämmen. So wurde z.B. den ansässigen Arztpraxen die Stadthalle für Impfaktionen zu Verfügung gestellt.
Wenn ich an die langen Schlangen auf dem Vorplatz der Halle zurückdenke, macht mir Hoffnung auf ein leichteres Pandemie-Jahr 2022.
Dafür möchte ich allen Beteiligten danken. Den Bürger:innen dieser Stadt für ihre Disziplin, der Verwaltung für ihr Engagement und den Mitarbeiter:innen der Arztpraxen für ihren unermüdlichen Einsatz. Sie impfen, bis die Nadeln glühen, nach Feierabend und am Wochenende. Ich kann mir nicht vorstellen, dass da noch Zeit zum Golfen bleibt, wie der NRW-Gesundheitsminister jüngst unterstellte.
Auch wirtschaftlich kommt Ochtrup aus dem schwierigen Jahr 2021 ganz gut raus. Die Gewerbesteuer sprudelt viel höher und weiter als erwartet. Da muss man, unserer Meinung nach, auch nicht über dadurch sinkende Zuweisungen von Land und Bund mäkeln. Ochtrup steht, trotz eines Minus, gut da.
Inzwischen steht die Stadt sogar noch besser da, da die „politische Folklore“ wie die Bürgermeisterin es nannte, diesmal Früchte trug und der Kreis von einer Umlagenerhöhung absieht. Nebenbei gesagt, könnte man die Umlage sogar senken und die Gemeinden entlasten, wenn man die Unterstützung für den dauerdefizitären FMO streichen würde. Seltsamerweise wird diese Idee von den wenigsten Bürgermeister:innen im Kreis vorgebracht. Stattdessen wird dann doch lieber z.B. über die Höhe der Jugendamtsumlage gejammert. Man möge mir die Polemik verzeihen, aber an bedürftigen Kindern und Jugendlichen sparen zu wollen, anstatt in Zeiten der Klimakrise einen Flughafen zu schließen, setzt für mich eher seltsame Prioritäten.
Dennoch bleibt es dabei. Ochtrup steht finanziell gut da.
Hier muss allerdings ein großes ABER folgen.
Denn natürlich stehen wir nur so gut da, wenn die Steuern erhöht werden. Ich erinnere mich an meine erste Sitzung 2020 in der der Haushalt verabschiedet wurde und es ging gleich um Steuererhöhungen. Damals wurde diese Erhöhung durch einen Deal zwischen SPD und CDU verhindert und der sinnvolle Antrag der FWO abgelehnt.
Stattdessen wurde eine Menge Arbeit und Zeit von Ehremamtler:innen in einer Steuerungsgruppe verbrannt, die noch einmal genau das feststellte, was schon im letzten Jahr klar war. Ohne eine Erhöhung der Gewerbe- und der Grundsteuer kommen wir nicht mehr über die Runden.
Nebenbei gesagt: Wen es stört wofür und wie viel Geld für bestimmte Dinge ausgegeben wird und der das alles für ungerechtfertigt hält, der möge sich kommunalpolitisch engagieren. Als Grüner hätte ich auch schon eine Idee in welcher Partei er oder sie das „idealerweise“ tun sollte, aber ich denke, jede Partei ist auf der Suche nach neuen, engagierten Mitgliedern mit guten Ideen.
Wir Grüne haben damals gesagt, dass wir die Verschiebung der Steuererhöhung für einen Fehler halten und die Steuerungsgruppe überflüssig sei. Diese Überzeugung hat sich im Laufe des Jahres bestätigt. Denn ohne eine Erhöhung der Steuern wäre Haushaltssicherung angesagt. Ein Zustand, an den sich die langjährigen Mitglieder des Rates noch erinnern dürften und den ich, ehrlich gesagt, nie erleben möchte. Denn eine Stadt, die quasi handlungsunfähig ist, weil einfach kein Geld da ist, kann nicht unser aller Ziel sein. Selbst dann nicht, wenn ich persönlich dann ein paar Euro mehr in der Tasche habe.
Denn wir alle profitieren, wenn Ochtrup finanziell gut aufgestellt ist. Irgendwie müssen die vielen Dinge die wir als Ochtruper:innen so gern in Anspruch nehmen und noch in Anspruch nehmen wollen, nun mal bezahlt werden.
Wir alle profitieren von einer modernen Feuerwache, schicken unsere Kinder in gute Schulen und wir alle besuchen gern die Bücherei, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Was ich sagen will, Steuern sind ein großer Topf, in den wir alle einzahlen, um das Leben in dieser Stadt für alle solidarisch besser zu machen.
Ein neues Rathaus kommt, hoffentlich irgendwann auch noch und wird irgendwo gebaut. Dazu kommen die Investitionen, die der Klimaschutz noch mit sich bringen wird, um unseren Teil zum klimaneutralen Kreis bis zum Jahr 2040 leisten zu können. Bei diesem Thema tut sich im Moment dank unserer neuen Bundesregierung eine Menge und auch auf Kreisebene wurde ein 50 Punkte Plan auf den Weg gebracht. Ochtrup muss ebenfalls mitziehen und seine Bemühungen zum Schutz des Klimas verstärken.
Die erste Fahrradstraße der Stadt und Förderprogramme für Klima- und Umweltschutz bspw. sind doch guter erster Schritt in diese Richtung. Davon wünschen wir uns parteiübergreifend noch mehr. Denn die Klimaschutzziele der Stadt reichen inzwischen bei weitem nicht mehr aus. Daher beantragen wir schon heute, dass nach Ende der aktuellen Befristung und für die Förderperiode ab 2023 eine volle Stelle für das Klimaschutzmanagement beantragt wird! Denn es muss noch wesentlich mehr unternommen werden, auch in Ochtrup, damit wir wirklich auf den 1,5 Grad-Pfad kommen. Ja, das kann teuer und unangenehm werden. Die Klimakatastrophe würde aber auch in Ochtrup, sehr viel teurer und unangenehmer werden. Arbeiten wir alle daran, dass es nicht so weit kommt und Ochtrup auch im Jahr 2100 noch eine genauso lebenswerte Stadt wie heute. Gemeinsam mit der FWO wollten wir deshalb Förderungen für konkrete Klimaschutzprogramme auf den Weg bringen. Dazu fehlt allerdings der politische Wille. Man räumt lieber den Müll hinter den Leuten her, anstatt Anreize zur Müllvermeidung zu geben.
Den Antrag der FWO, mehr Fahrradbügel in der Innenstadt und vor städtischen Gebäuden aufzustellen, begrüßen wir ausdrücklich und stimmen natürlich dafür. Auch mehr Fahrradstraßen in Ochtrup würden wir natürlich begrüßen. Hierbei sollten aber nicht nur die Schüler:innen in den Blick genommen werden, sondern auch die Möglichkeiten für Radpendler:innen oder sonstige Wege des täglichen Bedarfs – sei es, die Kinder in den Kindergarten oder zum Spielplatz zu bringen oder Einkäufe zu erledigen. Die CDU beantragt ein ganzheitliches Konzept für Nahmobilität, die FWO eine 350m lange Fahrradstraße. Wir finden: man kann das eine tun, ohne das andere zu lassen!
Wir freuen uns an dieser Stelle das der neue Umweltbeauftragte seine Arbeit aufgenommen hat und so gemeinsam mit dem Klimaschutzbeauftragten, die Akteur:innen die sich in der Verwaltung vor allem um den Schutz unserer Lebensgrundlagen kümmern, wieder am Start sind.
Apropos mehr oder weniger neue Mitarbeiter:innen in der Verwaltung. Wir freuen uns mindestens ebenso, über die Aktivitäten der Gleichstellungsbeauftragten und haben ihr zu gleich auch noch ein wenig mehr Arbeit aufgebürdet.
Wir stellen einen Haushaltsantrag, mit dem die Verwaltung aufgefordert wird, sich damit auseinander zu setzen und auch transparent zu berichten, wer von den beschlossenen Maßnahmen und den Geldern die ausgegeben werden profitiert. Viele Kommunen und auch Landesregierungen machen das schon und auch die Ampel hat sich vorgenommen, sich in Bezug auf Gender-Budgeting auf den Weg zu machen. Hier sollte auch Ochtrup nicht zurückstehen.
Transparenz ist nicht nur in Bezug auf die Frage, wer profitiert von welchen kommunalen Haushaltsmitteln von großer Bedeutung. Sondern auch generell, wie barrierefrei sind die Daten? Ist der Haushalt verständlich? Können Bürger:innen ohne zuvor eine Fortbildung zu kommunalem Haushaltsrecht gemacht zu haben verstehen, wo mehr oder weniger Geld ausgegeben wird und warum?
In anderen Städten gibt es sogenannte „interaktive Haushalte“. Wir beantragen, dass sich die Verwaltung im kommenden Jahr mit dem Thema auseinandersetzt und wir dann nächstes Jahr an dieser Stelle eine Entscheidung treffen können, ob auch Ochtrup einen einfach verständlichen und zugänglichen „interaktiven Haushalt“ bekommen soll. Davon profitieren nicht nur die Einwohner:innen dieser Stadt, sondern es erleichtert letztlich auch die Arbeit der Ratsmitglieder.
Fast schon traditionell darf zum Schluss der Aufruf an die Verwaltung nicht fehlen, §8 der Landesbauordnung stärker zu kontrollieren.
- Die nicht mit Gebäuden oder vergleichbaren baulichen Anlagen überbauten Flächen der bebauten Grundstücke sind
(…)
2. zu begrünen oder zu bepflanzen,
Oder anders gesagt, Schottergärten sind verboten. Liebe Ochtruper:innen, lassen sie ihre Vorgärten einfach verwildern. Das macht noch weniger Arbeit als Schottergärten es angeblich machen und sie sind in Sachen Naturschutz unendlich viel wertvoller.
Denn die Fläche, die in Ochtrup zur Verfügung steht ist endlich. Das merken wir im Rat auch immer wieder an den kontrovers geführten Debatten beim Thema Nachverdichtung. Hier stehen sich diejenigen, die Ochtrup und seine Einfamilienhaus-„Romantik“ erhalten wollen, häufig fast schon unversöhnlich der Notwendigkeit gegenüber viel günstigen Wohnraum auf wenig Fläche zu schaffen.
Diesen Widerspruch aufzulösen gelingt, wenn überhaupt, nur durch vielfältige Wohngebiete, in denen es sowohl das klassische Einfamilienhaus als auch das mehrgeschossige Wohnhaus gibt. Dennoch heißt es, Fläche möglichst effizient zu nutzen, Baulücken zu schließen und manchen Kompromiss dafür in Kauf zu nehmen, dass Ochtrup auf begrenzter Fläche weiterwachsen kann, ohne der Landwirtschaft und der Natur unnötig weitere Flächen zu entreißen. Und ja, für uns Grüne ist jeder Baum, der für diese großen Bauvorhaben gefällt wird, einer zu viel, daher setzen wir uns weiterhin für eine Baumschutzsatzung ein.
Das oben gesagte, gilt natürlich ebenso für die immer weiter in die Landschaft wuchernden Gewerbegebiete. Auch wenn sie eine gute Einnahmequelle für die Stadt darstellen und die trotz Corona-Krise wachsende Wirtschaft nach immer weiteren Flächen lechzt, darf dabei dennoch nicht vergessen werden, dass diese Fläche vorher keine Ödnis war. Auf ihr wurden Lebensmittel angebaut und sie war der Lebensraum vieler Tiere und Pflanzen. Sie war wichtig für die Speicherung und Bildung von Grundwasser und nicht zuletzt diente sie dem Menschen zur Erholung. Das alles leisten Hochregallager und Büroräume nicht.
Es gibt weiterhin eine Menge zu tun.
Weiterhin auf gute und konstruktive Zusammenarbeit!
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit
gehalten in der Ratssitzung von Sebastian Schoo
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